Beschluss der 1. Tagung des XIII. Bundeskongress am 14. November 2020 online
1. Die Kampagne wird basierend auf folgender Analyse der Gegebenheiten und der Probleme erarbeitet:
Wir befinden uns seit Jahren in einer multiplen Krise. Dabei ist nicht die Corona-Pandemie der Auslöser, sondern lediglich ein Verstärker. Die Ursache dieser multiplen Krise ist der Kapitalismus. Diese Krise drückt sich aus in …
Während frühere Krisen des Kapitalismus auch durch eine stärkere Ausbeutung der Natur abgefedert werden konnten, haben wir heute als Gesellschaft das Bewusstsein entwickelt, dass wir damit an eine Grenze gekommen sind. So kann es nicht weitergehen. Billige Preise lassen sich nicht mehr ewig auf Kosten der Umwelt halten und mehr Geld kann den Verlust einer lebenswerten Umwelt nicht aufwiegen. Es gibt also auf der einen Seite eine wirtschaftliche Krise, die nicht mehr auf Kosten eines ressourcenintensiven Mehrproduzierens ausgeglichen werden kann. Auf der anderen Seite kann sich die Natur nicht mehr schnell genug regenerieren, um unseren jetzigen Standard lange und für alle zu halten.
Die Corona-Pandemie als Verstärker bestehender Krisen
Die Corona-Pandemie ist der Verstärker der seit Jahren bestehenden Krise. Bestehende Probleme sind durch diese höchstens sichtbarer geworden oder wurden verstärkt. Dies bedeutet jedoch, dass diese Probleme bereits seit Jahren bestehen und es endlich an der Zeit sein muss, daran etwas zu ändern. Während große Wirtschaftsunternehmen mit „Hilfspaketen“ unterstützt werden, drohen vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen die Insolvenz und befinden sich tausende Lohnabhängige in prekären Situationen aufgrund von Kurzarbeit oder Lohnausfall. Auch Arbeitsrechte geraten im Zuge der Pandemie unter Beschuss. Zugleich werden die Folgen von Kürzungspolitik und Ökonomisierungsdruck beispielsweise im Gesundheitswesen überdeutlich. Dabei sind prekär Beschäftigte, Scheinselbständige, Alleinerziehende, Studierende, Schüler*innen und Auszubildende die Menschen, die von den Hilfspaketen kaum erfasst werden. Geflüchtete und Illegalisierte bilden dabei die unterste Stufe der von der Krise Betroffenen, ihre Interesse drohen im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs gänzlich unterzugehen. Homeschooling, welches von verfügbaren elektronischen Geräte und dem Internet abhängt, wird die bereits bestehende soziale Schere in naher Zukunft und in den kommenden Jahren drastisch verschärfen. Statt einer ökologischen Transformation droht vielmehr eine Backlash in der Klimapolitik. Die Diskussionen um Staatshilfen für Fluglinien und Abwrackprämien zeigen, dass die Akteure des fossilen Kapitalismus die Krise versuchen als Anlass zu verwenden, Laufzeiten drastisch zu verlängern. Rechtsradikalen gelingt es, gemeinsam mit Kräften unter anderem aus dem esoterischen Milieu durch undifferenzierte Proteste gegen die Corona-Maßnahmen nennenswerten Einfluss auf die politische Diskussion zu gewinnen.
Um etwas zu ändern, müssen wir an die Wurzel des Problems
Effektiv werden wir nur etwas verändern können, wenn wir bereit sind, gänzlich neue Wege zu gehen. Dafür braucht es Ideen, die über den Kapitalismus hinaus gehen. Es gibt Alternativen und es gibt für uns die sozialistische Utopie einer Gesellschaft, die für alle Menschen lebenswert sein kann. Wie diese aussehen könnte, wollen wir euch zeigen.
2. Die Kampagne hat folgenden Aufbau und Zielsetzung:
Wir wollen in unserer Kampagne die im Rahmen einer multiplen Krise bestehenden Probleme analysieren und sichtbar machen. Dabei wollen wir jedoch nicht in einer negative Gegenwartsbetrachtung verbleiben, sondern nach vorne schauen und den Fokus auf unsere Alternativen, unsere Gesellschaftsutopie legen. Dabei ist unser Ziel, andere, gezielt junge Menschen, von unseren Alternativen linker Politik zu überzeugen und dafür zu begeistern. Junge Menschen sollen motiviert werden, sich zu engagieren und aktiv zu werden. Inhaltlich zentrieren wir die Kampagne um den sozial- ökologischen Wandel und greifen dabei unterschiedliche Unterthemen auf, die für diese Transformation mitgedacht werden müssen. In der Kampagne werden wir einen Dreischritt unternehmen: Analyse – Utopie – Handlung. Wir steigern mit dem Ablauf der Kampagne den Nachdruck, mit dem wir auf die Notwendigkeit zu handeln drängen. Wir greifen dafür auch kleine Erfolge und Errungenschaften auf und zeigen auf, welche Ressourcen mobilisiert werden können, um den Einwänden zur Machbarkeit zu begegnen. Diese Konkretion bietet auch die Möglichkeit der dezentralen Anpassung oder Erweiterung der Kampagne durch Basisgruppen oder Landesverbände. Zeitlich soll die Kampagne so aufgebaut werden, dass im Dezember und Januar die Produktion von Materialien und die Unterstützung der Landesverbände, die Anfang nächsten Jahres Landtagswahlen haben, anlaufen soll. Im April/Mai soll die eigentliche Kampagne starten, wobei (wenn Corona bedingt möglich am liebsten mit Auftakt auf dem Sommercamp) natürlich die letzten 6 Wochen vor der Wahl der Höhepunkt sein sollen.
3. Die Kampagne setzt folgende inhaltliche Schwerpunkte:
Klimagerechtigkeit
Eine ganze Generation wird von der Bedrohung durch die sich zuspitzende ökologische Krise erschüttert. Neben z.B. dem Artensterben steht vor allem der Klimawandel immer mehr im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion: Immer mehr jungen Menschen wird klar, dass es beim Schutz des Klimas nicht um ein paar nette Eisbären und die Liebe zu Bäumen geht, sondern um eine enorme Bedrohung für die Menschen selbst. Doch wer sind „die Menschen“? Und welche Menschen haben den Klimawandel gemacht? Für uns ist klar: Der Klimawandel entsteht aus der kapitalistischen Wirtschaftsweise, unterschiedliche Menschen sind unterschiedlich verantwortlich für ihn und unterschiedliche Menschen leiden unterschiedlich stark unter ihm. Weniger wohlhabende und dadurch weniger mächtige Menschen leiden oft schon unter den Dingen, die ihn verursachen: Diese Menschen haben weniger Möglichkeiten, sich gegen das Abbaggern ihres Dorfes für die Braunkohle zu wehren, in ihrer Nachbarschaft wird eher ein Chemiewerk oder eine Raffinerie gebaut als im Villenviertel, ihre Wohnung steht eher an der vielbefahrenen Hauptstraße mit schlechter Luft. Gleichzeitig wird ihnen oft ein schlechtes Gewissen eingeredet, da sie sich keine Fair Trade-Bioprodukte und kein Passivhaus leisten können – obwohl sie doch eigentlich viel weniger zum Klimawandel beitragen als die Reichen, die mit dem SUV zu Alnatura fahren. Das müssen wir in den Mittelpunkt stellen, anstatt schwarz-grüne Erzählungen eines ökologischen Kapitalismus und eines notwendigen Verzichts aller aufzugreifen. Stattdessen gilt es, ein positives Bild der vorgeschlagenen Veränderungen zu zeichnen und Maßnahmen für Klimagerechtigkeit als Ausstiegsprojekte aus dem Kapitalismus und Einstiegsprojekte in eine bessere Welt zu framen. Die Auswirkungen des Klimawandels müssen wir an der Lebensrealität der Menschen konkret machen. Konkrete Schlüsselforderungen, um die Klimafrage von links zu besetzen, können die nach einem schnellen Kohleausstieg und nach einem kostenlosen und gut ausgebauten ÖPNV sein.
Kostenloser und gut ausgebauter ÖPNV
Die Forderung nach einem gut ausgebauten und kostenlosen ÖPNV hat den Vorteil, dass sich hier leicht und lebensnah eine positive Vision kommunizieren lässt: Die meisten jungen Menschen nutzen häufig den ÖPNV, oder würden zumindest gern, wenn der Bus auch mal fahren würde und bezahlbar ist. Diese Lebensrealität müssen wir für verschiedene Regionen differenziert aufgreifen: Während auf dem platten Land der Ausbau von Bus und vor allem Bahn im Schwerpunkt stehen muss, kann man in Vororten von Metropolen eher auf gute Anbindungen auch bei Nacht für Jugendliche, die z.B. zum feiern pendeln, setzen, und in den Metropolen selbst die Forderung nach der Kostenfreiheit in den Forderung stellen. Der große Vorteil bzgl. der Forderungen zum ÖPNV ist, dass man hier gut positive Beispiele aus anderen Ländern und Städten aufgreifen kann, um zu verdeutlichen, dass diese für viele Leute unerreichbar wirkende Programmatik absolut umsetzbar ist.
Schneller Kohleausstieg bis 2025
Der Energiesektor ist der mit enormem Abstand größte Klimakiller, und dabei sticht gerade in Deutschland vor allem die Kohleversorgung hervor. Mit einem Fokus auf der Kohleverstromung können wir dabei gleichzeitig an große Kämpfe und Bewegungen, wie z.B. Ende Gelände, aber auch an Kämpfe aus Ländern wie Kolumbien, die Steinkohle für Deutschland liefern, anknüpfen, und einen Sektor ins öffentliche Interesse rücken, bei dem besonders klar wird, dass der Klimawandel kein Problem individueller Lebensstile ist, sondern ein Problem, was eng mit Profitinteressen verwoben ist und für das wir mit dem Kohleausstieg bis 2025 bereits eine konkrete Forderung beschlossen haben. Am Beispiel des enormen Einflusses auf die Politik, die RWE und andere Kohlekonzerne nehmen, lässt sich hier auch generell das Thema der Verflechtung von Wirtschaft und Politik konkret festmachen, um dem die positive Vision einer vergesellschafteten und demokratisierten Energiebranche entgegenzustellen. Beim Thema Kohle lässt sich schnell darlegen, wie enorm dieses Thema in den letzten Jahren durch Bewegungen in den Mittelpunkt gerückt ist, um so eine ermutigende Erfolgsgeschichte politischen Engagements und der Herstellung von Handlungsfähigkeit erzählen zu können.
Antifaschismus und Antirassismus
Angesichts des Rechtsruck müssen auch Antifaschismus und Antirassismus elementare Teile unserer Kampagne sein. Für uns ist es unabdingbar, rechten Terror als solchen zu erkennen und die entsprechenden Netzwerke bzw. Hintergründe aufzudecken. Die Verbrechen des Faschismus und Kolonialismus müssen weiter aufgearbeitet und daran erinnert werden. Die aktuellen Proteste bei den sogenannten „Hygiene-Demos“ dürfen nicht verharmlost, sondern die organisierten rechten Strukturen, die sich dahinter verbergen, müssen offengelegt werden. Sie sind ein Zusammenschluss von organisierten Nazis, Neoliberalen und Esoteriker:innen. Sie üben keine Kritik an der ungerechten Verteilung der Krisenkosten oder dem unzureichenden Schutz der Arbeiter:innen vor dem Virus. Stattdessen kämpfen sie für die „Freiheit“, völlig schutzlos zu sterben. Ihr Protest wird durch antisemitische Verschwörungsideologie zusammengehalten, welche die Klassenunterschiede leugnet und hinter der Pandemie ein finsteres Machwerk einer globalen Verschwörung sucht. Außerdem muss klar werden, dass Black Lives Matter und Rassismus keinesfalls nur in den USA relevant sind. Rassismus und Antisemitismus sind nicht nur tief in unserer Gesellschaft verankert, sondern auch im Staat und insbesondere in der Polizei institutionalisiert. Hier wäre z.B. die Forderung nach unabhängigen Beobachtungsstellen der erste dringend nötige Schritt, mittelfristig müssen wir als Linksjugend aber weitergehende Konzepte und Maßnahmen erarbeiten. Klar ist aus linker Perspektive: Niemand flüchtet freiwillig, und selbst, wenn das so wäre, wäre nichts daran auszusetzen. Eine Welt ohne Grenzen ist nicht nur machbar, sondern die einzig humane Art mit Flucht und Migration umzugehen. Deutschland selbst ist für die Fluchtbewegungen entscheidend mitverantwortlich, da es beispielsweise die ausbeuterische europäische Freihandelspolitik gegenüber Afrika in herausragender Position mitgestaltet und bspw. durch seine Waffenlieferungen an das türkische Regime mitschuldig am Dauerkonflikt in Syrien ist. Diese Zusammenhänge, die auch schon in der kapitalistischen Wirtschaftsweise verankert liegen, müssen in der Kampagne klar und konkret thematisiert werden. Menschenunwürdige Lager wie in Moria und an vielen weiteren Orten nahe der EU- Außengrenzen als als Status Quo zu akzeptieren, ist ein Schritt in die falsche Richtung. Stattdessen muss Deutschland schnell und unkompliziert bereit sein, Geflüchtete aufzunehmen und ein dauerhaftes Bleiberecht zu ermöglichen. Wir wollen deshalb das Bild einer Welt ohne Grenzen und Ausbeutung zeichnen und dabei als Anlass zur Hoffnung vor allem die immer mehr in den Fokus rückenden Ansätze migrantischer Selbstorganisation aufgreifen. Wir streben zudem für einen wirksamen Kampf gegen neofaschistische Tendenzen eine kulturelle Offensive von links an. Wir wissen: Jene, die alltäglich die alten und neuen Nazis bekämpfen, brauchen Freiräume. Doch viele der Freiräume, die sich in den letzten Jahren erkämpft wurden, sind akut in ihrer Existenz bedroht. Denn häufig werden diese Freiräume durch Kneipen, Clubs und Veranstaltungen finanziert, die während der Corona-Pandemie teilweise oder ganz dicht machen mussten, bzw. nicht stattfinden konnten. Wir stehen solidarisch an der Seite dieser Freiräume und kämpfen für ihren Erhalt. Darüber hinaus setzen wir uns für wirkungsvolle Hilfsmaßnahmen für den gesamten soziokulturellen Bereich ein.
Bildung
Wer welchen Bildungsabschluss erlangt, hängt in Deutschland stark von der sozioökonomischen Herkunft der Eltern ab. Das Bildungssystem funktioniert daher wesentlich dazu, Berufs- und Lebensperspektiven festzuschreiben oder zu vererben. Dadurch, dass dann aber so getan wird, als hätten alle die gleiche Chance gehabt, gelingt es, ein Scheitern in der Schule oder später auf dem Arbeitsmarkt als selbstverschuldet da stehen zu lassen. Statt Kinder schon früh nach unterschiedlichsten Bildungszweigen zu sortieren, setzen wir uns für eine Schule für alle ein – Denn gemeinsam lernt man besser! Wir fordern mehr Geld für das öffentliche Bildungssystem und bessere Arbeitsbedingungen für Lehrer:innen, Erzieher:innen und Schulsozialarbeiter:innen, denn aus manchen Widrigkeiten des Bildungssystems müssen wir uns langsam herausarbeiten. Wenn Kinder bereits mit zehn daran gewöhnt werden nach Leistung sortiert zu werden, ist jedes weitere Aussortieren von Menschen nur noch die Fortsetzung und erscheint konsequent. Das sollte daher direkt aufhören, auch wenn sich an dem Gesamtzusammenhang noch nichts weiter geändert hat. Andere Zumutungen werden aber nur durch unseren entschiedenen Widerstand abzuschaffen sein. Denn auch wenn alle ein Abitur oder einen Universitätsabschluss machen würden, ändert das noch nichts an der problematischen Zielstellung von Bildung in unsere Gesellschaft: Statt mutige Menschen erzeugt es gehorsame; statt neugierige welche, die mit gewonnener Zeit nichts anzufangen wissen. Die Kernkompetenz in der Schule und Ausbildung bewegt sich zwischen Erfüllen von Aufgaben und Absitzen von Zeit. Das ändert sich auch nicht mit dem Übergang an die Universität. Die Kreativität, die dabei auf der Strecke bleibt, holen sich die Start-Up Gründer:innen an der Subkultur. Wir treten für eine Rebellion in der Bildung ein: Bildung ist keine Ware – Wir wollen für einen anderen Begriff von Bildung streiten und aufzeigen, wie emanzipatorische, demokratische Bildung aussehen kann. Dabei geht es um mehr als nur bloße Wissensvermittlungen und Prüfungswahn. Die Problematisierung gesellschaftlicher Verhältnisse und der Aufbau sowie die Teilhabe an demokratischen Prozessen sollen von früh an im Fokus guter Bildung stehen. Von und miteinander lernen heißt für uns Spaß daran zu entwickeln, die alte Weltordnung zu sabotieren und zu zerschlagen und sich die Fähigkeiten anzueignen, neue Welten aufzubauen. Dafür gibt es keine Noten, keine Zertifikate, keine ECTS-Punkte und vor allem kein Zeugnis.Gute Bildung ist die Grundlage für eine funktionierende Gesellschaft und muss deshalb auch als eines der höchsten Güter behandelt werden: zum Wohle der Kinder, Jugendlichen und damit des gesamten Lebens.
Arbeit
Die Corona-Krise trifft viele Menschen durch Job- und Ausbildungsplatzverlust oder Kurzarbeit besonders hart. Längst ist klar: Es sind die Beschäftigten, die durch Lohnverzicht und Überstunden die Kosten der Krise tragen sollen. Dennoch hat die Krise auch gezeigt, dass am Ende nicht Bankerinnen und Topmanagerinnen die systemrelevanten Berufe darstellen, sondern alle jene, die sich tagtäglich unter beschissenen Bedingungen um Pflege, Versorgung oder Verkehr kümmern. Die Weigerung der Arbeitgeberinnen nach den Danksagungs- und Klatschorgien des Frühjahrs nun auch bessere Löhne zu zahlen, hat bei vielen Beschäftigten für Frust und Unverständnis geführt. Wenn sie jetzt für bessere Löhne, mehr Zeit in der Pflege oder eine Anpassung der Regelarbeitszeit im Osten an das westdeutsche Niveau streiken, stehen wir an ihrer Seite. Aber: Wir wollen mehr! Die Corona-Krise hat für uns auch gezeigt, dass das Modell der 40-Stunden-Woche längst überholt ist. Freie Zeit für Familien und Freunde wird für viele Menschen immer wichtiger. Zudem ist sie wirksamer Klimaschutz. Denn mit einer Verkürzung der Regelarbeitszeit geht auch eine Senkung der Treibhausgasemissionen einher. Nicht zuletzt würde sie einen wichtigen Schritt zur Gleichstellung von Frauen und für mehr Lohngerechtigkeit bedeuten. Wir streiten daher für eine sofortige Absenkung der Vollzeitarbeitszeit auf 30 Stunden. Weiter ist unser Ziel 20 Stunden Vollzeit zu erreichen. Die Pandemie hat auch die Gefahren aufgezeigt, die von einem immer stärker privatisierten und auf gewinnorientierten Gesundheitssektor ausgehen. Wir fordern daher die komplette Überführung des Gesundheitssektors, sowie aller wesentlichen Bereiche der Daseinsvorsorge, in öffentliche Hand. Dabei sollen daher nicht Verwaltungsbeamte anstelle von Krankenhausmanagerinnen treten, sondern Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen durch starke Vertretungen von Beschäftigten und Patientinnen gelenkt werden. Letztendlich streben wir eine Demokratisierung aller Wirtschaftsbereiche an. Denn nur die Beschäftigten und Konsumentinnen selbst können garantieren, dass die Unternehmensentwicklung auf die Bedürfnisse der Gesellschaft abgestimmt ist, und nicht auf die Gewinnsucht der Aktionärinnen. Wir verstehen diese Vergesellschaftung einzelner Betriebe als ersten Schritt hin zu einer demokratisch geführten Wirtschaft mit gesamtgesellschaftlichem Produktionsplan. Genauso darf Wohnen keine Ware mehr sein. Gerade junge Menschen im Ausbildungssystem oder prekären Arbeitsverhältnissen können sich kaum mehr guten Wohnraum leisten. In Mietenkämpfen und Forderungen nach Enteignung von großen Wohnungsgesellschaften lässt sich die soziale Frage derzeit zuspitzen. Der Zugang zu günstigem, gesunden und nachhaltigem Wohnraum darf nicht über die Marktlogik erfolgen, sondern muss, genau wie die Produktion, an Bedürfnissen orientiert sein. Besonders schwer trifft die Krise all jene Kinder und Jugendlichen, die sowieso schon in Armut aufwachsen. War es bisher schon schwer genug für sie, einen Ausbildungsplatz zu finden oder ein Studium aufzunehmen, dürfte das für viele mit der Wirtschaftskrise fast unmöglich werden. Wir fordern daher ein Recht auf Ausbildung und eine Mindestauszubildendenvergütung, die ihren Namen auch verdient. Die Schulgelder in den Sozial- und Erziehungsberufen müssen – insofern sie noch existieren – sofort abgeschafft werden. Unternehmen, die nicht ausbilden, werden gezwungen durch eine Ausbildungsumlage, das Recht auf Ausbildung zu finanzieren.
Feminismus
Die Corona-Krise hat gezeigt, was wir schon lange wussten: die systemrelevanten Berufe sind schlecht bezahlt und werden mehrheitlich von Frauen erledigt. Frauen bekommen nach wie vor erheblich weniger Lohn als Männer – und das liegt nicht nur daran, dass sie selbst für dieselbe Arbeit schlechter bezahlt werden, sondern auch daran, dass Frauen von klein auf in schlecht oder gar nicht bezahlte Arbeit gedrängt werden. Dabei sind aber nicht die individuellen Frauen daran Schuld, dass sie in typische Berufe mit mehrheitlicher Ausübung von Frauen gehen – es ist nicht nur ein Skandal, dass Frauen in Berufe mit mehrheitlicher Ausübung von Frauen gedrängt werden, sondern umgekehrt auch, dass Berufe mit mehrheitlicher Ausübung von Frauen so schlecht bezahlt werden. Wir kämpfen für eine Care-Revolution, die dafür sorgt, dass das Kümmern um Menschen als wertvoll anerkannt und gut entlohnt wird und die zentrale gesellschaftliche Bedeutung von sogenannter Care-Arbeit begriffen wird, anstatt die Verantwortung dafür ins Private abzuschieben. Neben ökonomischen Ungleichheiten sind Einschränkungen der körperlichen Selbstbestimmung und Gewalterfahrungen für viele Frauen und Queers Realität. Sexistische Sprüche, Catcalling, im Dunkeln nicht allein nachhause laufen wollen – Frauen sind alltäglich mehr oder weniger subtilen Belästigungen ausgesetzt. Obwohl Gewalt gegen Frauen nach wie vor ein großes Problem ist, gibt es aber kaum Bestrebungen, das zu ändern: Präventionsprogramme und Frauenhäuser sind heillos unterfinanziert und bieten viel zu wenige Plätze für Betroffene. Schwangerschaftsabbrüche sind noch immer nicht legal und Gynäkologinnen werden dafür verurteilt, dass sie Informationen über Schwangerschaftsabbrüche zur Verfügung stellen. Die Folgen der Pandemie für queere Menschen und Strukturen müssen thematisiert werden. Der öffentliche Raum (Bars, Vereine etc.) stellt für die LGBTQ-Community oftmals ein sicherer Ort da, in denen sie Gleichgesinnte treffen können. Zuhause bleiben ist für queere Jugendliche in LGBTQ* feindlichen Haushalten besonders isolierend. Queere Strukturen müssen gerade in der Krise geschützt werden. Feministische Politik kann der gewaltvollen, ausbeuterischen Realität die Vision einer besseren Welt entgegensetzen: Eine radikale Umverteilung von Arbeit, die bspw. durch eine Verkürzung der regulären Lohnarbeitszeit unterstützt werden kann, und eine Normalisierung von Formen von Familie jenseits von Vater-Mutter-Kind können Elemente einer feministischen Umgestaltung der Gesellschaft sein. Bewegungen wie Ni una menos und der Feministische Streik machen Hoffnung auf ein besseres Morgen, indem sie die kapitalistische Grundlage des ungleichen und ungerechten Geschlechterverhältnisses angreifen und Frauen und Queers breit organisieren wollen.
4. Die Landesverbände wirken an der Erarbeitung der Kampagne mit
Dafür wird eine erweiterte Kampagnen-AG gegründet, für welche folgende Bestimmungen gelten:
Die erweiterte Kampagnen-AG setzt sich folgendermaßen zusammen: Jeder Landesverband hat 2 Plätze. Diese sind durch Mitglieder des jeweiligen Landesverbandes quotiert zu besetzen.
Beschluss des XIII. Bundeskongress 2020 am 14. November 2020 online
Der Bundeskongress beschließt die Intention, im ersten Quartal 2021 eine zweite Tagung des Bundeskongresses zur Durchführung von Antragsdebatten anzusetzen. Der Länderrat wird mit der Festlegung eines genauen Termins beauftragt. Es wird festgestellt, dass hierfür weiterhin die Delegierten des Bundeskongresses 2020 gewählt sind. Neuwahlen der Delegierten sind dementsprechend für die zweite Tagung nicht notwendig. Diese soll eintägig online stattfinden und mindestens vier Stunden Zeit als Antragsphasen bereitstellen. Sofern nicht dringend nötig, sollen auf diesem keine Wahlen stattfinden.