Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
Rechtsruck, Klimakrise und das volle Durchschlagen der neoliberalen Reform-Agenda der letzten 40 Jahre: Der derzeitige Zustand der Welt könnte aus einem dystopischen Weltuntergangsroman entnommen sein. Überall sind rechte Bewegungen auf dem Vormarsch, ziehen nach Wahlen gestärkt in die Parlamente der bürgerlichen Demokratien oder stehen wie in Brasilien, den USA, Polen und Ungarn gleich an der Spitze der Regierungen. Die Antwort der bürgerlichen Demokrat_innen ist dabei nicht etwa eine klare Abgrenzung nach rechts, vielmehr versuchen sie mit einem mehr an Abschottung und dem Zurückdrängen der Rechte von Geflüchteten, Frauen* und LGBTIQ*s, sowie einer Ausweitung der Befugnisse der staatlichen Repressionsorgane der Rechten das Wasser abzugraben und machen sich letztlich dennoch zum Erfüllungsgehilfen ihrer Politik. Zum Kernrepertoire der Rechten gehört auch das schlichte Verleugnen der Klimakrise. Einer Krise, die jetzt schon dazu führt, dass die Lebensgrundlange von Millionen von Menschen bedroht ist und absehbar neue Fluchtbewegungen auslösen wird. Doch statt wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen, die den Klimawandel zu mindestens eindämmen, begnügt sich die herrschende Politik mit nebulösen Appellen, folgenlosen Gipfeltreffen und Gesetzen, die letztlich vor allem die ärmeren Teile der Bevölkerung treffen, aber nichts an der der Hauptursache der Klimakrise ändern: dem globalen Kapitalismus.
Doch so dystopisch viele Entwicklungen auch seien mögen: Es gibt Hoffnung. Überall auf der Welt beginnen sich Menschen zur Wehr zu setzen. Sie protestieren gegen steigende Mieten in Städten, demonstrieren gegen den allgegenwärtigen Sexismus und Morden an Frauen* und setzen sich für ein Ende der Spar- und Kürzungspolitiken ein. Seit Anfang des Jahres streiken Schüler*innen immer wieder freitags die Schule, um Druck für echten Klimaschutz und eine Klimagerechtigkeitswende zu machen. Die Proteste, die wir weltweit erleben, sind zwar oft unverbunden, in ihren Forderungen nicht weitgehend genug und allzu oft, um Abgrenzung zu anderen sozialen Bewegungen bemüht. Dennoch sind sie Ausdruck eines größer werdenden Unbehagens mit dem Kapitalismus und geben der Hoffnung auf die Möglichkeit einer grundlegend anderen Welt weiter Nahrung. Als größter linksradikaler Jugendverband in Deutschland wollen wir unseren Beitrag dazu leisten, die unterschiedlichen Kämpfe zu verbinden und mit kulturell und politisch fortschrittlichen Konzepten eine Offensive von Links voranzutreiben. Die gesellschaftliche Linke in Deutschland und auch wir als Verband haben in den vergangenen Jahren sehr viel Kraft darauf verwendet, den aufkommenden Rechtsruck durch Aufklärungsarbeit, Aktionen und Kampagnen gegen Akteure und Inhalte der Rechten aufzuhalten. Dabei haben wir zu oft nur auf gesellschaftliche Debatten reagiert, statt unsere Visionen einer gerechten, demokratischen und freien und vor allem einer sozialistischen Gesellschaft populär zu machen. Vor uns steht die Aufgabe genau diese Leerstelle zu füllen und mit einer neuen Erzählung Strategien für eine Überwindung von Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus zu entwickeln. Dazu gibt es zahlreiche Fragen, die wir uns stellen müssen und die wir beantworten müssen. Was sind unsere Aufgaben als linkjugend [’solid] vor dem Hintergrund der Krise des Neoliberalismus und des Erstarkens der gesellschaftlichen und politischen Rechten? Welche Visionen können wir den herrschenden Verhältnissen entgegensetzen? Wer sind unsere Partner*innen im Kampf gegen diese und auf welche Themen sollten wir unsere Schwerpunkte setzen?
Im Rahmen des Prozesses werden wir daher …
– die Strategie und Ziele der Linksjugend [’solid] in einem interaktiven Prozess gemeinsam ausloten
– das Update unseres Verbandes gemeinsam entwickeln, um unseren Verband transparenter, partizipativer und kampagnenfähiger zu gestalten
– unsere Positionen schärfen, vertiefen und modernisieren
Wir verstehen uns als pluralen Verband und haben daher eine vielfältige Debatte als Ziel. Wir möchten die unterschiedlichen Strategien, Ideen, Positionen und Anregungen in unserem Verband in einer Form diskutieren, in der sich alle beteiligen können. Gemeinsam wollen wir im kommenden Jahr auf dem Bundesjugendplenum in Halle unsere verschiedenen Überlegungen diskutieren, um Antworten auf unsere Fragen zu finden. Der Bundessprecher:innenrat wird beauftragt auf Grundlage dieses Beschlusses einen solchen ergebnisoffenen Prozess anzustoßen.
Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
Wohnen wird immer mehr zum Luxus! Aufgrund von Profitgier und Orientierung an der Rendite der Aktionäre wird mit Wohnraum spekuliert, werden die Mieten erhöhten und demzufolge immer mehr Menschen aus ihren Wohnungen gedrängt. Wohnen in den großen Städten wird immer stärker zum unbezahlbaren Luxus, den sich mehr und mehr nur noch Besserverdienende leisten können.
Besonders davon betroffen sind Geringverdienende, Berufseinsteiger*innen, junge Familien, Auszubildende, Studierende und viele andere. Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen aufgrund von steigenden Mieten ihr soziales Umfeld zu verlassen oder sich in ihrem Lebensstandard einzuschränken. Dem gegenüber steht unsere Überzeugung: Wohnen ist ein Grundrecht! Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen und bezahlbaren Wohnraum!
Daher fordert die Linksjugend [‘solid] die Abschaffung des privaten Wohnungsmarktes und die Enteignung der großen privaten Wohnungskonzerne, mit dem Ziel einen öffentlichen-gemeinwohlorientierten Wohnungsbestand unter demokratischer Kontrolle aufzubauen. Auf dem Weg zu diesem Ziel fordern wir folgende sofortige Maßnahmen, um Mieter*innen und Wohnungssuchenden zu schützen.
Konkrete, sofort umzusetzende Maßnahmen zur Verbesserung der problematischen Lage vieler Mieter*innen:
Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
Der Bundessprecher:innenrat wird beauftragt eine Auseinandersetzung mit dem Thema Digitalisierung in angemessener Weise zu ermöglichen. Ziel dieses Prozesse ist es, ein Positionspapier zu erarbeiten, welches das Thema der Digitalisierung und Technologisierung behandelt. Dieses Positionspapier soll auf dem Bundeskongress 2020 als Antrag zur Digitalisierung eingereicht werden.
Ein Eckpunkt dieser Auseinandersetzung und des Arbeitsprozesses soll das im Frühjahr stattfindende Bundesjugendplenum sein. Der Bundessprecher:innenrat verpflichtet sich, auf dieser Veranstaltung eine Arbeitsgruppe einzurichten, die an dieser Thematik und dem Positionspapier arbeiten wird.
Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
1. Wir verurteilen die Entscheidung des zuständigen Finanzamtes für Körperschaften I des Landes Berlin der VVN-BdA die Gemeinnützigkeit zu entziehen.
2. Wir solidarisieren uns klar mit dem VVN-BdA und rufen alle Mitglieder und Sympathisant*innen auf es uns gleich zutun oder dem Verein beizutreten.
3. Finanzminister Scholz muss sofort damit aufhören, Vereinen aufgrund ihres Engagements die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Scholz‘ Entscheidung zeigt, wie wichtig die SPD es mit dem Antifaschismus nimmt!
4. Wir stellen uns hinter die „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, in der sich betroffene Vereine zusammengeschlossen haben.
Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
Die Linksjugend [’solid] will eine solidarisch finanzierte und faktenbasierte Gesundheitsversorgung. Sie fordert deshalb nicht nur ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin und eine gesetzliche Krankenversicherung, in die alle einzahlen, sondern auch eine Erstattung aller nötigen Hilfsmittel – neben Rollstühlen etc. schließt das auch Brillen, Kontaktlinsen und Zahnersatz mit ein, die bisher nicht oder nur in geringen Teilen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Mittel und Therapien, deren Wirkung nicht nachgewiesen werden kann, sollen dagegen nicht von der Solidargemeinschaft finanziert werden, sondern bei Wunsch privat bezahlt werden.
Die Linksjugend [’solid] erkennt den wissenschaftlichen Konsens, dass Homöopathie nicht über den Placeboeffekt hinaus wirkt, an und fordert deshalb:
Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
Die Linksjugend [‘solid] solidarisiert sich mit der Bevölkerung in Rojava gegen den Angriffskrieg der imperialistisch agierenden Türkei. Sie verurteilt außerdem jedwede militärische Kooperation anderer Länder mit der türkischen Armee. Sie solidarisiert sich mit allen Menschen, die dem Einmarsch der Türkei und ihrer Verbündeten (militanten oder nicht-militanten) Widerstand leisten.
Die Linksjugend [‘solid] fordert konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der kurdischen Selbstverteidigungskräfte YPG und YPJ, sowie der Zivilbevölkerung vor Ort. Dazu zählen:
Die Linksjugend [’solid] fordert die Bundesregierung auf, ein internationales Tribunal in Nordsyrien, das inhaftierte IS-Kämpfer und -Unterstützer:innen unter Anwendung rechtsstaatlicher Mittel und Ausschluss der Todesstrafe anklagt und verurteilt, zu installieren.
Die Linksjugend [‘solid] fordert konkrete Maßnahmen gegen die Türkei mit dem Ziel, einen möglichst großen innenpolitischen Druck gegenüber dem türkischen Regime unter Recep Tayyip Erdoğan und der AKP auszuüben. Dazu zählen:
Die Linksjugend [‘solid] fordert die Entkriminalisierung kurdischer Aktivitäten in Deutschland. Sie fordert ein Ende der Repression gegen aktive und passive Unterstützer der YPG/YPJ und die Freiheit politischer kurdischer Gefangener. Des Weiteren bekräftigt sie erneut die Ablehnung des PKK-Verbotes in Deutschland und der europäischen Union und wirkt auf dessen Aufhebung hin.
Der Bundessprecher:innenrat wird beauftragt, diese konkreten Forderungen möglichst zeitnah in geeigneter Form öffentlichkeitswirksam zu veröffentlichen.
Die Linksjugend [‘solid] setzt sich aktiv durch Anträge an den Bundesparteitag dafür ein, dass diese Forderungen in die Partei getragen werden.
Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
Zusammenfassung: Wir positionieren uns gegen ein geplantes Gesetz. Dieses sieht vor Menschen, die beatmet werden müssen in eine Einrichtung zu geben. Die Linksjugend [’solid] positioniert sich gegen den diskriminierenden und menschenverachtenden Teil des geplanten Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetzes. Dieser Teil sieht vor, dass Menschen ab 18 Jahren, die beatmet werden müssen, zukünftig in Pflege WG’s oder Heimen untergebracht werden müssen. Dies soll vor allem aus Kostengründen passieren.
Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
Zusammenfassung: Menschen die psychisch krank sind, sollen in Zukunft leichter Hilfe bekommen. Es soll mehr über das Thema seelische Krankheiten gesprochen werden. Auch in unserem Verband soll mehr darüber gesprochen werden. Die Linksjugend [‘solid] bekennt sich zur größeren Beachtung seelischer Gesundheit und ihrer Realisierung, sowohl gesellschaftliche als auch innerverbandlich.
Deshalb fordern wir grundsätzlich:
Beschluss der zweiten Tagung des XII. Bundeskongresses am 15. Dezember 2019 in Berlin
Linksjugend [’solid] ruft zu den Protesten gegen den sogenannten Tag der deutschen Zukunft am 06. Juni 2020 in Worms auf. Wir unterstützen die Proteste durch Werbung über unsere Social-Media-Kanäle und E-Mail-Verteiler.