Beschluss des V. Bundeskongresses am 30. März bis 1. April 2012 in Berlin
Ein Blick zurück und Bilanz
Nach dem Gründungskongress 2007 unseres Jugendverbandes bestand weitestgehende Einigkeit, die internationale vornehmlich die europäische Zusammenarbeit der Vorgängerorganisation [’solid]- die sozialistische Jugend weiterzuführen. Das Kernstück dieser Arbeit war die Mit- und Zusammenarbeit im Europäischen Netzwerk der demokratischen jungen Linken (ENDYL). Insbesondere aus der Vorgängerorganisation Junge Linke gab es den starken Wunsch, sich verstärkt im Rahmen der Europäischen Linken (EL) einzubringen. Diese beiden Stränge zusammenzubringen war dann auch eine der größten Herausforderungen der europäischen Arbeit. Auf Grund der sowohl prekären finanziellen als auch personelle Ressourcen setzte sich leider auch die Tradition fort, dass die internationale Arbeit in der Praxis einen starken Fokus auf die europäische Zusammenarbeit hatte. Daran sollten auch die Teilnahme einzelner RepräsentantInnen unseres Jugendverbandes an den Weltsozialforen, einer Lateinamerika Delegation des Studierendenverbandes als auch eine Israel-Fahrt des Bundesverbandes und des BAK Shaloms sowie Teilnahme an einzelnen Großveranstaltungen in Lateinamerika nicht hinwegtäuschen.
Die europäische Zusammenarbeit war geprägt durch eine stille aber stetige und effektive Zusammenarbeit sowohl als Mitglied in ENDYL als auf bilateraler Ebene. Tausende Mails, hunderte Telefonate und Chats haben die Aktivisten und zahlreiche Teilnahme an Veranstaltungen von Partnerorganisationen hat die Kommission Internationales beim BSPR geleistet. Sichtbarstes Highlight dieser Arbeit waren die Teilnahme von Delegationen von Partnerorganisationen sowohl in Heiligendamm als auch bei Castor-Protesten; unsere Delegation zu den Europäischen Sozialforen, unsere Solidaritätsbesuche während der andauernden Finanzkrise in Griechenland und Italien; als auch die Wahlbeobachter-Mission in der Türkei und nicht zuletzt das anstehende deutsch-polnische Begegnungscamp; von den regelmäßigen Besuchen europäischer Partner auf unseren BuKos ganz zu schweigen. Allzu oft wurden Ergebnisse dieser Arbeit nicht oder nicht ausreichend in den Verband hinein kommuniziert. Dies muss sich ändern – hierfür müssen sowohl die zukünftigen BSPRs als auch die Mitglieder der Kommission Internationales sorgen.
Durch unseren stetigen Einsatz auf europäischer Ebene haben wir es geschafft, Linksksjugend[’solid], als Akteur und Bündnispartner, auf der europäischen Ebene weiter zu etablieren. Wir stehen in stetigen Kontakt mit zahlreichen Jugendorganisationen in ganz Europa. Wir haben seit der Hauptversammlung von 2008 das ENDYL- Sekretariat betreut und waren zwei mal Gastgeber für die Hauptversammlung von ENDYL. Wir waren eine treibende Kraft bei der Überwindung der Krise der europäischen Zusammenarbeit unter linken Jugendverbänden in Europa, die spätestens mit der diesjährigen Hauptversammlung von ENDYL als überwunden gelten darf. Der Vorstand von ENDYL hat im letzten Jahr trotz Schwierigkeiten kontinuierlich gearbeitet und auch der neuen Vorstand von ENDYL wird nach unseren Erwartungen seine Arbeit meistern. In der Frage der Zusammenarbeit zwischen ENDYL und der EL sind wir den entscheidenden Schritt vorangekommen – eine Lösung des seit Jahren die europäische Zusammenarbeit linker Jugendverbände lähmenden Fragen ist in greifbarer Nähe. Linksjugend[’solid] hat sich in diesem Prozess immer dafür eingesetzt, dass es eine europäische Struktur gibt um eine Zersplitterung der Aktivitäten zu vermeiden, welche darüber hinaus für alle linken Jugendorganisationen offen ist – auch wenn sie nicht einer EL-Partei nahe stehen und das die europäische Jugendstruktur sowohl politisch als auch rechtlich unabhängig ist. Dafür werden wir uns weiterhin mit dem Ziel eines möglichst schlagkräftigen europäischen Zusammenschluss linker Jugendorganisationen einsetzen.
Internationale Arbeit ist kein Selbstzweck
Ein wichtiger Grundpfeiler linken/sozialistischen Gedankengutes ist der Internationalismus. Internationalismus muss, wird er ernst genommen, eine politische Kooperation auf gleicher Augenhöhe beinhalten. Die Erkenntnis, dass gesellschaftliche Veränderungen nicht nur auf nationaler Ebene erkämpft werden können, hat seit dem berühmten Ausspruch aus dem kommunistischen Manifest „Proletarier aller Länder vereinigt euch“ nichts an Aktualität verloren. Angesichts der Europäischen Integration und der neoliberalen Offensive im Weltmaßstab, ist sie sogar aktueller denn je. Nicht zuletzt ist die Aktualität internationaler Arbeit gegeben, weil der Internationalismus einer der deutlichsten Abgrenzung der Linken von sozialer Demagogie seitens nationalistischer und faschistischer Kräfte ist.
Internationale Arbeit muss die Grundlage dafür legen, einen Austausch über tagesaktuelle Informationen/Diskurse, Praktiken und Inhalte zu gewährleisten. Hierbei kann Linksjugend[’solid] von anderen Verbänden noch eine Menge lernen, insbesondere im Bereich Feminismus. Wichtig ist es auch, angesichts der zunehmenden Bedeutung europäischer und internationaler Verträge für die Politikgestaltung vor Ort, auf eben diesen internationalen Ebenen handlungsfähig zu werden. Diese Erkenntnis ist in den letzten Jahren der weltweiten und europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise umso deutlicher geworden. Daraus ergibt sich, dass internationale Arbeit den Anspruch der Aktionsfähigkeit und Kampagnenfähigkeit genügen muss.
Angesichts der knappen personellen und finanziellen Ressourcen innerhalb des Verbandes, müssen hier die Schwerpunkte der Arbeit im Bereich Internationales fixiert werden.
Die bedeutendsten Auswirkungen auf den Alltag in der BRD hat die EU und die sich anbahnenden neuen Verträgen der angeblichen Krisenbewältigung, wie der europäische Fiskalpakt und der Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus. Dieser Einfluss wird voraussichtlich in der Zukunft noch zunehmen, somit ist die Konsequenz gerade hier auf dem europäischen Level den Schwerpunkte zu setzten.
Die Kooperation mit europäischen PartnerInnen, schließt die bessere Zusammenarbeit mit außereuropäischen Organisationen nicht aus, sofern dies die Kapazitäten unsererseits zulassen. Auch soll mit dieser Festlegung nicht das Ziel eines weltweiten linken Jugendnetzwerkes negiert werden, gleichwohl es nicht unser Arbeitsfeld für die kommenden Jahre darstellen kann.
So wird’s gemacht
Auf Basis dieser Überlegungen sollten wir:
Beschluss des V. Bundeskongresses am 30. März bis 1. April 2012 in Berlin
Die Linksjugend Solid ist zutiefst besorgt über die politischen Entwicklungen in Ungarn. Die rechtspopulistische Regierung der Partei Fidesz unter Viktor Orbán verfolgt einen klar antidemokratischen, nationalistischen und anti-europäischen Kurs, deren ideologisches Fundament aus völkischem Autoritarismus, Antiziganismus und Antisemitismus besteht.
Tiefpunkt dieser Politik ist die seit dem 1. Januar 2012 geltende neue Verfassung. So heißt es im Artikel 15, dass sämtliche Punkte, die die Verfassung nicht ausdrücklich regelt, fortan unter der Kompetenz der Regierung stehen. Mit dieser schwammigen Formulierung erhält der Ministerpräsident Machtbefugnisse von bisher unbekanntem Ausmaß. Darüber hinaus verliert das ungarische Verfassungsgericht deutlich an Befugnissen im Verhältnis zur Regierung. Dies ist kein Zufall: Es waren vor allem die Gerichte, die der Politik der Fidesz Grenzen setzten. Nun werden die Gerichte in zunehmenden Maß mit Parteimitgliedern oder -unterstützern besetzt.
Diese Form der parteipolitischen Vergabe von Ämtern betrifft im besonderen Maße auch das kulturelle Leben: Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen wie zum Beispiel das Holocaust-Museum, das Opernhaus, das Neue Theater Budapest, alternative Kulturzentren und die Akademie der Wissenschaften sind in ihrem Bestand bedroht oder werden von Parteigängern der Fidesz übernommen. Ein weiterer trauriger Punkt ist das 2010 verabschiedete Mediengesetz, dass private Medien dazu verpflichtet, „ausgewogen“ zu berichten. Der hierfür eingesetzte Medienkontrollrat ist fest in der Hand von Fidesz und nichts anderes als ein politisches Instrument, um missliebige Berichterstattung zu verunmöglichen.
Der massive Rechtsruck Ungarns in Parlament, Justiz, Regierung, Kultur und Medien wird begleitet von einem Klima der Angst auf der Straße. Vor allem die rechtsradikale Partei Jobbik und die ihr einst angeschlossene paramilitärische Ungarische Garde (ung. Magyar Gárda) üben Druck auf Fidesz aus. Obwohl die Magyar Gárda 2008 rechtskräftig verboten wurde, operiert sie noch heute unter anderem Namen weiter. Daneben gibt es etliche Bürgerwehren in den Provinzen. Es ist eine Arbeitsteilung: Was Jobbik und Schlägertrupps auf der Straße umsetzen, wird von Fidesz im Parlament legitimiert.
Es ist daher kein Zufall, dass in der neuen Verfassung die Minderheitenrechte der Roma abgeschafft wurden. Diesem Vorgang ging eine deutlich antiziganistische Stimmung voraus. Diverse Angriffe auf die Minderheit endeten in pogromartigen Übergriffen ohne wirkliches Einschreiten der Polizei. So terrorisierten 2011 uniformierte Faschisten die Roma in Gyöngyöspata. Das Internationale Rote Kreuz musste daraufhin 300 Angehörige der Minderheit aus dem Ort retten.
Auch der Antisemitismus spielt eine zentrale Rolle in der Ideologie von Fidesz: Er ist zusammen mit dem Antiziganismus zum kulturellen Code geworden, um das autoritär-völkische Magyarentum zu definieren. Vor allem LGBT-Gruppen, FeministInnen, pro-europäische BürgerrechtlerInnen und SozialistInnen werden regelmäßig antisemitisch verunglimpft.
Skandalös sind darüber hinaus ungarische Gesetze gegen Obdachlose, die aufgrund ihrer Armut kriminalisiert werden. So werden Geldbußen von umgerechnet 200 Euro oder Gefängnisstrafen wegen Schlafens auf der Straße verhängt. Arbeitslose werden sogar zu „gemeinnützigen Arbeiten“ in Arbeitslager gezwungen. Auch dies ist eine gegen Roma und Arme gerichtete Hetzkampagne: Diese Maßnahmen treffen die verletzbarsten und ärmsten Mitglieder der Gesellschaft.
All diese erschütternden Prozesse finden ohne eine wirkliche Intervention der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten statt. Die EU steht dem autoritären Rechtsschwenk Ungarns gleichgültig gegenüber, weil alle Kräfte auf die Rettung des Euros konzentriert werden sollen. Inmitten der ökonomischen Krise ist Ungarn daher trauriges Beispiel dafür, wie ein Mitgliedsstaat seine demokratischen und sozialen Institutionen untergräbt.
Unser Vorwurf richtet sich daher insbesondere gegen die christdemokratischen europäischen Volksparteien, zu deren Schwesterpartei Fidesz gehört. Vor allem sie sind es, die Kritik an Ungarns Politik als „politische Hysterie“ (Manfred Weber, MdEP, CSU) delegitimieren. Damit wird jedoch Fidesz vor Kritik immunisiert – und kann ihren rechtspopulistischen Kurs fortführen.
Der Bundeskongress der Linksjugend Solid fordert daher:
Zur verbandsinternen Auseinandersetzung über Ungarn beschließt der Bundeskongress der Linksjugend Solid:
Beschluss des V. Bundeskongresses am 30. März bis 1. April 2012 in Berlin
Vorbemerkung
Die Linksjugend [solid] ist ein Teil des Widerstandes gegen die neoliberale Abwälzung der Krise auf die Mehrheit der Bevölkerungen Europas. Viele Basisgruppen und Landesverbänden werden sich an der Mobilisierung zu den Krisenprotesten am 18./19.Mai in Frankfurt/M beteiligen. Doch wie gehen wir konkret in die Mobilisierung? Welche Forderungen stellen wir als Bundesverband in den Mittelpunkt? Und wie gehen wir mit der LINKEN um, die sich im Spannungsfeld zwischen außerparlamentarischen Kampf und Anpassungsansätzen bei dem Erringen von Ministerposten einer möglichen rot-rot-grünen Regierung bewegt? Dieser Antrag soll einen Kompass für mögliche Forderungen innerhalb einer Mobilisierung bieten.
Kapitalismus und Demokratie – unvereinbar!
So sieht die Rettung des Euro in Griechenland aus: Schließung von Schulen, eine wachsende Massenarbeitslosigkeit (bei Jugendlichen über 50%), Absenkung des Mindestlohns zum Beispiel bei unter 25-Jährigen auf 430 Euro, Steuererhöhung für die Masse der Bevölkerung und Lohnkürzungen von bis zu 50%. Auf der anderen Seite gibt es einen Geldsegen für europäische Banken und ein Sonderfond stellt sicher, dass so genannte Hilfsgelder dazu dienen, Auslandsschulden zu bedienen, statt davon Renten oder Sozialausgaben zu bezahlen. Den Schulschließungen fallen jetzt sogar schon die griechischen Schulen in NRW zum Opfer. Von der so genannten Troika (Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfond und Europäische Union) wird diese Politik mit voller Gewalt durchgesetzt. Demokratische Rechte werden ausgehebelt. Technokratenregierungen wurden eingesetzt. Mehr als einmal wurden die zentralen griechischen Kundgebungsplätze mit Tränengas bombardiert. Nicht erst die Erfahrung aus Griechenland machen deutlich: Kapitalismus verträgt sich nicht mit Demokratie. Ähnliche Repressionstendenzen sind auch in der BRD zu erkennen.
Hoch die internationale Solidarität!
Die Eurokrise heißt Kapitalismus. Sie ist eine Verschuldungskrise, die aus der Krisenhaftigkeit dieses Systems entstanden ist. Während die deutsche Wirtschaft durch Sonderfaktoren noch gut weg kam, wird Griechenland tiefer in die Rezession gerissen. Hier werden die Reichen reicher, während der Aufschwung an der Masse der Bevölkerung vorbeiging. Um davon abzulenken, wird auf Griechenland gezeigt. Doch unser Hauptfeind steht nicht in Griechenland sondern vor allem hier.
Wir lassen uns nicht gegen „Griechen“ oder andere aufbringen, sondern unsere Solidarität gilt dem Widerstand gegen die Kürzungen in ganz Europa. International wird sich mit Streiks und Massenprotesten gewehrt. In Portugal wurde ein Generalstreik am 22. März durchgesetzt. In Spanien explodierten Bildungsproteste nach brutalen Polizeiübergriffen in Valenzia und in Griechenland gibt es andauernde Streiks und Besetzungen. Ein Stahlwerk bei Athen wurde über Monate besetzt. Die ehemalige Zeitung Eleftherotypia wird unter Arbeiterverwaltung herausgebracht.
Der beste Weg für uns diese Proteste zu unterstützen, ist hier Widerstand von Jugendlichen, Beschäftigten und Erwerbslosen gegen die Politik der Merkel-Regierung gemeinsam voranzutreiben. Denn das Sozialmassaker an der griechischen Bevölkerung ist das Testfeld für die gleiche Politik in anderen Ländern und auch bei uns. Aktivist:innen und Gewerkschaften sollten über die Lügen der Eurokrise aufklären und internationale Solidarität organisieren.
Wir fordern:
Beschluss des V. Bundeskongresses am 30. März bis 1. April 2012 in Berlin
Der Bundessprecher:innenrat (BSpR) wird dazu aufgefordert, eine Programmkommission einzurichten, welche eine Programmdiskussion zur Verabschiedung eines neuen Verbandsprogramms organisiert. Der BSpR beruft die Mitglieder der Programmkommission unter Berücksichtigung
ein. Die Programmkommission besteht aus
Die Programmkommission