Durch die steigenden Umfrageergebnisse der AfD und die vom Journalist*innenkollektiv
„Correctiv“ veröffentliche Recherche über ein Treffen von Vertreter*innen der AfD und
Werteunion, Kapitalist*innen und Aktivist*innen der neuen Rechten, auf der über
massenhafte Deportationen deutscher Staatsbürger*innen mit Migrationshintergrund
phantasiert wurde, ist die Gefahr einer Faschisierung in Deutschland stärker in den
öffentlichen Diskurs gerückt. Vielerorts gab es daraufhin große Proteste gegen die
AfD. In der linken Debatte bleibt aber unklar, wie eine kluge linke Strategie gegen
Faschismus aussieht und wie man Faschismus genau versteht.
Was ist Faschismus?
Faschismus ist ein Sammelbegriff für verschiedene rechtsradikale Massenbewegungen,
die in den letzten 100 Jahren – ausgehend vom italienischen Faschismus – entstanden
sind, deren Ideologie sowie für die von diesen Bewegungen etablierten politischen
Systeme. Ihrer sozialen Herkunft nach rekrutierte sich der Faschismus aus
deklassierten und enttäuschten Teilen aller Klassen, dabei insbesondere aus dem
Kleinbürgertum, das besonders von Krise und sozialem Abstieg bedroht war.
Faschistische Ideologie war durch extremen Nationalismus, Antikommunismus,
Militarismus sowie Ethnozentrismus geprägt, der die Form von Rassismus und/oder
Antisemitismus annehmen konnte. Faschisten konstatierten eine nationale Krise,
hervorgerufen durch eine Niederlage der eigenen Nation in der internationalen
Staatenkonkurrenz und/oder durch die Einebnung althergebrachter gesellschaftlicher
Hierarchien. Zur Überwindung dieser Krise propagierten Faschisten eine nationale
Wiedergeburt. Der Faschismus unterschied sich von anderen Formen extrem rechter
Politik durch seinen massenpolitischen Charakter, seine umstürzlerische Strategie und
seine scheinrevolutionäre und pseudo-antikapitalistische Rhetorik. Die
Organisationsstruktur der faschistischen Partei war durch das Führerprinzip
gekennzeichnet und sie verfügte über paramilitärische Kampfbünde. Der Faschismus als
Herrschaftssystem mündete stets in der Zerschlagung der Arbeiter*innenbewegung mit
terroristischen Mitteln, die Vernichtung der bürgerlichen Demokratie mit allen ihren
Rechten und Freiheiten, der Unterdrückung jedweder Opposition – auch der bürgerlichen
– und der vollständigen Unterwerfung der Lohnabhängigen unter das Kommando von
Kapitalist*innen und Großgrundbesitzer*innen. In der fortgeschrittenen Phase
faschistischer Herrschaft fand eine Verschmelzung der Eliten von Industrie, Banken,
Militär und Beamtenschaft mit der Führungsgruppe der faschistischen Partei statt.
Faschistische Bewegungen entstanden in historischen Situationen, die sich in
vielerlei Hinsicht von der heutigen Situation unterscheiden. Der Klassencharakter,
die Ideologie und Praxis von Parteien wie der AfD weisen neben Gemeinsamkeiten auch
viele Unterschiede zum historischen Faschismus auf. Eine Analyse des historischen
Faschismus kann uns aber dabei helfen, strategische Schlussfolgerungen für den Kampf
gegen die AfD zu ziehen.
Analyse des historischen Faschismus
Der Vergleich zwischen dem italienischen und deutschen Fall verdeutlicht den Kontrast
zwischen zwei grundsätzlich verschiedenen Typen von historischen Situationen, in
denen der Faschismus an die Macht gelangte:
Die Arbeiter:innenbewegung in Italien fand sich nach dem ersten Weltkrieg in einer
Position der besonderen Stärke. Ein Konjunkturaufschwung führte zu niedriger
Arbeitslosigkeit und infolgedessen zu hoher Streikbereitschaft und steigenden Löhnen.
Die Arbeiter*innenbewegung führte einen – mit Antonio Gramsci gesprochen –
Bewegungskrieg und befand sich in einer Offensive des Klassenkampfes. Der Bestand des
kapitalistischen Herrschaftssystem war ernsthaft durch eine militante
Arbeiter*innenbewegung gefährdet. In dieser Situation kam der Faschismus in Form
einer unmittelbaren Reaktion der Kapitalist*innen und Großgrundbesitzer*innen zur
Rettung des kapitalistischen Systems. Paramilitärische Kampfbünde vor allem
kleinbürgerlicher Klassenherkunft wurden von den herrschenden Klassen unterstützt, um
die Arbeiter*innenbewegung terroristisch niederzuschlagen.
In Deutschland hingegen kam der Faschismus in einer Situation der relativen Schwäche
der Arbeiter*innenbewegung an die Macht, bei der gleichzeitig der bürgerlich-liberale
Status Quo durch eine vom Kapitalismus verursachte schwere Wirtschaftskrise ins
Wanken geriet. Hohe Arbeitslosigkeit, infolgedessen niedrige Streikbereitschaft und
sinkende Löhne – verstärkt durch die Austeritätspolitik einer bürgerlichen Regierung
– führten zu einer schwachen Verhandlungsposition der Arbeit gegenüber dem Kapital.
Die Arbeiter*innenbewegung befand sich in einem Stellungskrieg und in der Defensive.
In dieser Situation, in der zugleich eine glaubhafte Alternative von links fehlte, da
die SPD sich zum Teil an der katastrophalen Austeritätspolitik beteiligte und die KPD
selbst zu schwach war, um das kapitalistische System zum Umsturz zu bringen, sowie
unwillens war, die Austeritätspolitik auf reformerischem Wege zu beenden, konnte der
Faschismus die in breiten Teilen der Bevölkerung herrschende Unzufriedenheit für
seine Agenda nutzen und so vor allem durch parlamentarische Wahlen und weniger durch
Gewalt an Bedeutung gewinnen. An die Macht gelangte der Faschismus in Deutschland
schließlich durch ein Bündnis der faschistischen Partei mit den alten Eliten aus dem
Militär, der Großgrundbesitzer*innenklasse sowie Teilen der Kapitalist*innenklasse.
Insbesondere in Krisensituationen schafft es der Faschismus durch ein
scheinrevolutionäres Programm aus deklassierten und enttäuschten Teilen aller Klassen
Anhänger*innen zu rekrutieren. Dabei arbeiten Faschisten mit einer Rhetorik, die ein
„Wir“ und ein „die Anderen“ konstruiert und soziale Unterschiede innerhalb des „Wir“,
innerhalb der „Volksgemeinschaft“, zu überwinden verspricht. Anstatt beispielsweise
als Arbeiter*innenklasse gegen Ausbeutung zu kämpfen, verspricht man eine ideelle –
nicht aber materielle – Einebnung des Klassengegensatzes zum Zweck des gesteigerten
Erfolgs der Nation in der Staatenkonkurrenz. Dadurch politisiert der Faschismus
Unzufriedenheit ganz anders als linke Klassenpolitik, kanalisiert die Wut weg vom
eigenen Chef hin zu als fremd und bedrohlich dargestellten Gruppen und tastet die
kapitalistische Ordnung und die bürgerliche Herrschaft nicht an. Linke Klassenpolitik
versucht stattdessen, individuelle Unterdrückungs- und Ausbeutungserfahrungen in den
Kontext einer grundlegenden Systemkritik einzubetten.
Ideologisch zeichnet sich der Faschismus durch ein naturalistisches und
antirationales Bild vom Menschen und der Welt aus: Herrschafts- und
Ausbeutungsverhältnisse werden von Faschisten nicht als geschichtlich geworden, von
Menschen gemacht und somit als veränderbar verstanden, sondern als ewig, von Natur
aus gegeben und damit als unhinterfragbar aufgefasst. Der Faschismus propagiert, eine
„natürliche Ordnung“ zu schaffen, in der jede und jeder dem von der Natur aus
vorbestimmten Platz in der sozialen Hierarchie zugeordnet wird. Er bedient sich in
seiner Rhetorik eines – mit Ernst Bloch gesprochen – „Wärmestroms“, der an die
Gefühle der Menschen und populäre Mythen anknüpft, im Gegensatz zu einem
„Kältestrom“, der an die menschliche Vernunft appelliert. Diese naturalistische und
antirationale Ideologie verknüpft der Faschismus mit einer hochmodernen
Organisationsform und einem ausgesprochen ausgefeilten Zweckrationalismus in
Strategie und Taktik.
Aktuelle Lage
Mit der AfD hat sich eine Partei mit faschistischem Potential in der deutschen
Parteienlandschaft etabliert. Anfangs beschworene Brandmauern wurden allmählich
aufgegeben, was erste Kooperationen auf Kommunal- und Landesebene zeigen, wie bspw.
die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen mit
AfD-Stimmen. Die AfD ist der parlamentarische Arm der radikalen Rechten und trägt
ihre Positionen in die Parlamente, was verschiedene personelle Überschneidungen zur
neuen Rechten in Europa wie der „Identitären Bewegung“ zeigt.
Die AfD weist sowohl Gemeinsamkeiten als auch erhebliche Unterschiede zum
historischen Faschismus auf. Vom historischen Faschismus unterscheidet sie sich
dadurch, dass sie ihre Wähler*innen nicht mehr vor allem im Kleinbürgertum findet,
das im Gegensatz zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts demographisch keinen
relevanten Teil der Bevölkerung mehr ausmacht. Stattdessen wählen vor allem
Arbeiter*innen die AfD – nicht selten solche, die von sozialem Abstieg bedroht sind
oder bereits sozial abgestiegen sind, wie die hohen Wahlerfolge der AfD in
strukturschwachen Regionen zeigen. Das kleinbürgerliche Element lässt sich allein
noch im Führungspersonal der AfD erkennen, das sich überwiegend aus den bürgerlichen
Mittelklassen rekrutiert, wie etwa aus Kleinunternehmer*innen (Tino Chrupalla),
Vermögensverwalter*innen (Alice Weidel, Peter Boehringer), Rechtsanwält*innen
(Stephan Brandner) und beamtete Lehrer*innen (Björn Höcke).
Wenngleich das wirtschaftspolitische Programm der AfD neoliberal geprägt ist und
damit auf eine Kräfteverschiebung zugunsten des Kapitals und auf Kosten der Arbeit
abzielt, hat der weit überwiegende Teil der Kapitalist*innenklasse im Gegensatz zum
historischen Faschismus derzeit kein Interesse an einer Machtübertragung an die AfD.
Insbesondere der nun in das öffentliche Bewusstsein gerückte Deportationsplan der
AfD, der etwa ein Siebtel der Bevölkerung in Deutschland betreffen würde, ist nicht
im Verwertungsinteresse des Kapitals, das in Zeiten von Arbeitskräftemangel dringend
auch auf migrantische Arbeiter*innen angewiesen ist. Die euroskeptischen Positionen
der AfD schrecken das Kapital ebenfalls ab, weil die deutsche Wirtschaft
exportorientiert ist und daher den EU-Binnenmarkt als Absatz für ihre Waren braucht.
Diese manifesten Unterschiede zwischen der AfD-Programmatik und den Interessen des
Kapitals bedeuten aber keineswegs, dass sich die Kapitalist*innenklasse nicht mit der
AfD arrangieren wird, wenn die AfD in Regierungsverantwortung kommt. Länder, in denen
Parteien wie die AfD bereits an der Macht sind, wie etwa Ungarn oder Italien, zeigen
aber, dass diese Parteien radikale Forderungen, die im direkten Widerspruch zu den
Interessen des Kapitals stehen, schlichtweg nicht umsetzen. Auch verfügt die AfD über
keine paramilitärischen Kampfbünde, die eine potentiell revolutionäre
Arbeiter*innenbewegung terrorisiert, die es derzeit und auf absehbare Zeit nicht
gibt. Geraten Parteien wie die AfD als stärkste Kraft dauerhaft in
Regierungsverantwortung, kommt es bisher auch nicht zu schlagartigen Entmachtungen
der Parlamente und zur sofortigen Kriminalisierung jeder Opposition. Vielmehr hat man
es, wie etwa in Ungarn, mit einem schleichenden Prozess der autoritären Formierung
von Staat und Gesellschaft sowie der Aushöhlung bürgerlicher und sozialer Rechte
sowie rechtsstaatlicher Prinzipien zu tun, wenngleich die bürgerliche Demokratie ihre
formelle Hülle beibehält. Die Gemeinsamkeiten mit dem historischen Faschismus
beziehen sich vor allem auf die Ideologie – insbesondere den Ethnozentrismus – und
die Art und Weise, wie soziale Unzufriedenheit politisiert und in systemkonforme
Bahnen gelenkt wird.
Der Grund für die steigenden Umfrageergebnisse der AfD in den letzten Monaten sowie
die damit verbundenen Wahlerfolge auf kommunaler und Landesebene liegen in der
sozialen Krise, die wesentlich durch die Austeritätspolitik der regierenden
Ampelkoalition verursacht wird. Diese Legitimitätskrise des hegemonialen Blocks
vermag die politische Linke aufgrund interner Zankereien nicht zu füllen, sodass
dieses Vakuum von rechts gefüllt wird. Als besonderes negatives Verdienst der
Ampelkoalition muss hervorgehoben werden, dass sie es geschafft hat, jedweden
Klimaschutz in breiten Teilen der Bevölkerung mit einer Verteuerung von Energie und
Lebensmitteln in Verbindung zu bringen. Die AfD kann sich in den Augen breiter Teile
der Bevölkerung gegenüber der katastrophalen Klima- und Wirtschaftspolitik der
Ampelkoalition als glaubhafte Alternative inszenieren, indem sie eine Rückkehr zu
fossilen Energieträgern propagiert und die menschengemachten Ursachen des
Klimawandels leugnet. Auch die Existenzängste von Arbeiter*innen, die durch den
möglicherweise erfolgenden Wegfall von Industriearbeitsplätzen aufgrund der
ökologischen Transformation der Wirtschaft verursacht wird, sind ein gefundenes
Fressen für die AfD.
Diese krisenhafte Situation alleine macht natürlich niemanden automatisch zum
Rechtsradikalen – beim Prozess der Faschisierung spielen auch sozialpsychologische
Prozesse eine Rolle. Für uns als politische Linke macht es jedoch Sinn, sich weniger
auf die subjektiven Faktoren zu konzentrieren, sondern die begünstigenden
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu bekämpfen.
Antifaschistische Strategie
Um unserem Anspruch als antifaschistischer Jugendverband gerecht zu werden, reicht es
nicht aus, Nazis doof zu finden: Gegen rechts hilft am besten eine starke Linke, die
die sozialen Ursachen, die für den Aufstieg der Rechten verantwortlich sind, wirksam
bekämpft, statt sich nur auf moralische Appelle zu verlassen. Wir müssen deshalb am
Aufbau einer starken, klassenkämpferischen Linken arbeiten.
Um die sozialen Ursachen des rechten Aufstiegs anzugehen, gilt es, die
Austeritätspolitik der Ampelkoalition zu bekämpfen. Dazu müssen wir uns in aktuellen
Klassenkämpfen für konkrete Verbesserungen und gegen die Kürzungspolitik einbringen.
Langfristig müssen wir auch alle Institutionen angreifen, die eine Austeritätspolitik
festschreiben. Dazu gehören die Schuldenbremse, ein ungerechtes Steuersystem, das vor
allem auf die Besteuerung von Löhnen und Konsum statt auf große Vermögen und
Kapitalrenditen abzielt, den Status der Europäischen Zentralbank als eine von
demokratischer Kontrolle „unabhängigen“ Institution, die sich einseitig auf
Preisstabilität fokussiert und den Kampf gegen Arbeitslosigkeit vernachlässigt, und
ein reaktionäres Streikrecht, das es Arbeiter*innen verbietet, politische und wilde
Streiks zu führen. Darüber hinaus müssen wir als radikale Linke eine systemische
Kritik in die Bewegungen einbringen, welche über die Forderungen nach mehr
Sozialstaat und ein Ende des Austeritätsregimes hinausgehen. Krisen sind dem
Kapitalismus immanent, also kann am Ende nur eine Überwindung dieses krisenhaften
Systems uns vor seinen potentiellen Folgen dauerhaft schützen.
Beim Klimaschutz darf die politische Linke das Soziale nicht vernachlässigen. Die
beste Prävention gegen rechte Sozialdemagogie sind niedrige Lebensmittel- und
Energiepreise. Wir dürfen Arbeiter*innen nicht das Gefühl vermitteln, dass ihnen mit
Klimaschutz etwas weggenommen wird. Dieses Gefühl nämlich ist ebenfalls willkommener
Nährboden für die AfD. Vielmehr gilt es, etwa durch eine Ausfinanzierung des
öffentlichen Personenverkehrs Pendler*innen neue Formen des „öffentlichen Luxus“ zu
ermöglichen. Insbesondere die Beteiligung an Kampagnen wie „Wir fahren zusammen“, die
von der Gewerkschaft ver.di und der Klimagerechtigkeitsbewegung „Fridays for Future“
initiiert worden ist, kann dafür einen wichtigen Beitrag leisten. Darüber hinaus
müssen wir als politische Linke ein realistisches und sozialverträgliches Konzept zur
ökologischen Transformation der Wirtschaft vorlegen, das die Verbindung zu den
Arbeiter*innen und Gewerkschaften aktiv sucht, statt sich über diese hinwegzusetzen.
Wenngleich sich die konkrete Tätigkeit von Arbeiter*innen ändern wird, muss unsere
Botschaft lauten: Jeder Arbeitsplatz bleibt erhalten!
Obwohl es mit der Austeritätspolitik eine Gemeinsamkeit zwischen der aktuellen und
historischen Wirtschaftslage gibt, die der NSDAP zur Macht verhalf, gibt es auch
entscheidende Unterschiede, an die eine antifaschistische Strategie anknüpfen kann.
Die im Gegensatz zur Situation Anfang der 1930er Jahre aktuell – trotz
austeritätsbedingter Rezession – niedrige Arbeitslosigkeit und der
Arbeitskräftemangel führt zu einer tendenziell vorteilhaften Verhandlungsposition der
Arbeit gegenüber dem Kapital. Auch möchten Arbeiter*innen die Reallohnverluste durch
die Inflation wieder wettmachen. Diese beiden Faktoren haben zu einer mächtigen
Streikwelle geführt, die bis zum jetzigen Zeitpunkt anhält. Gewerkschaftliche Streiks
führen Arbeiter*innen mit und ohne Migrationshintergrund durch gemeinsame
Organisations- und Kampferfahrungen zusammen. Sie wirken damit einem rassistischen
Bewusstsein, an das die AfD anknüpfen kann, entgegen. Durch die Unterstützung von
Streikposten und – darüber hinaus – die Erarbeitung einer langfristigen Strategie,
wie wir uns als Verband in Gewerkschaften und Arbeitskämpfe einbringen können, kann
die Linksjugend [’solid] einen wichtigen Beitrag dazu leisten.
Gleichzeitig gilt es aber auch, Faschisten konkret entgegenzutreten – auf der Straße,
in öffentlichen Diskussionen, in den Parlamenten und auf der Familienfeier. Gegen
zunehmende rechte Gewalt stellt sich die Frage der konkreten Verteidigungsfähigkeit,
gegen rechte Diskurshegemonie insbesondere im digitalen Raum braucht es eine linke
Medienstrategie.
Die zwei Notwendigkeiten – einerseits durch den Aufbau einer starken
klassenkämpferischen Linken und das Aufzeigen einer Systemalternative, die die
Ursache des Rechtsrucks angeht, gleichzeitig aber andererseits möglichst großen und
deshalb notwendigerweise breiten Gegenwind zur extremen Rechte zu organisieren –
führte Linke historisch immer wieder vor schwere bündnispolitische Entscheidungen.
Das eine Extrem – Sektierertum – ist historisch beispielsweise in Form der
Sozialfaschismusthese wirksam geworden. Die Linie der KPD, alle Kräfte von SPD bis
NSDAP zu unterschiedlichen Flügeln des gleichen Feindes zu erklären, wurde sowohl in
der akademischen Geschichtsschreibung als auch in der Geschichtsschreibung der
kommunistischen Bewegung selbst einhellig als schwerer Fehler mit dramatischen
historischen Konsequenzen benannt, weshalb die KPD und die Dritte Internationale
diese Linie auch später einhellig verwarf und durch die gegensätzliche
Volksfrontstrategie ersetzte. Andererseits zeigte sich immer wieder, auch aktuell,
dass eine kritiklose Einreihung der politischen Linken in Bündnissen, die bis weit
ins bürgerliche Spektrum hineinreichen, oft dazu beiträgt, linke Alternativen zur
herrschenden Politik unsichtbar zu machen und den Aufstieg faschistischer Kräfte
sogar noch weiter zu unterstützen.
Bündnisfähigkeit und Eigenständigkeit stellen dabei ein Spannungsverhältnis dar, das
sich nicht einseitig auflösen lässt. Hier die richtige Antwort zu finden, braucht
immer eine konkrete Analyse der konkreten Situation und lässt sich nicht
überhistorisch-abstrakt klären. Klar ist aber, dass rein negative Bündnisse, die
keine Positionen außer abstraktem Antifaschismus haben, am Ende dem Rechtsruck nicht
nachhaltig Einhalt gebieten werden können. In jeder Situation braucht es also eine
Verbindung von antifaschistischen Positionen mit Forderungen nach einer sozialeren
und demokratischeren Gesellschaft. Auch in breiteren Bündnisformationen treten wir
für eine sozialististische Perspektive ein.