Ich war, ich bin, ich werde sein!


Die Welt, in der wir leben

 Seit der Jahrtausendwende folgt eine Krise auf die andere. Weltweit spitzt sich die
 soziale Lage akut zu und auch in Deutschland spüren wir die Konsequenzen dessen jeden
 Tag. Während und kurz nach der Corona-Pandemie sind Lebensmittelpreise und Heizkosten
 in die Höhe geschossen. Wir bezahlen dafür den Preis, während Lebensmittel- und
 Energiekonzerne Rekordprofite einfahren! Unter anderem, weil Deutschland zum
 Steuerparadies für Unternehmen wird. Das ist Klassenkampf von oben!

 Die Schere zwischen Arm und Reich geht auseinander und der Klassenkampf verschärft
 sich weiter. Gleichzeitig erstarken zum ersten Mal seit der Neoliberalisierung der 1990er Jahre die
 Arbeitskämpfe. Sie zeigen uns zwar, dass die große Mehrheit der Bevölkerung
 unzufrieden ist, doch viel zu oft bleiben sie reine Abwehrkämpfe. Die große Mehrheit
 in Deutschland ist nicht superreich, sondern lohnabhängig. Sie sind angewiesen auf
 eine angemessene Bezahlung, eine gute Ausbildung, bezahlbare Lebensmittel,
 Sozialversicherungen und bezahlbaren Wohnraum.

 Trotzdem verschärft sich die Lage auf dem Wohnmarkt:

 Die Mieten schießen in die Höhe und zeitlich befristete Sozialbauten werden zu
 Immobilien, mit denen problemlos spekuliert werden kann. Das trifft insbesondere
 hart:
 • diejenigen, die Angst haben, zu klagen,
 • diejenigen, die schon unbezahlt Care-Arbeit leisten
 • diejenigen, die auf Grund rassistischer Diskriminierung schwerer eine Wohnung
 finden und
 • diejenigen, die keine vielfach erhöhte Miete zahlen KÖNNEN oder darauf angewiesen
 sind, dafür mehr zu Lohnarbeiten.

 Das sind zu großem Anteil Azubis und Studierende. Nicht selten müssen sie neben einem
 Vollzeitstudium oder eine Vollzeitausbildung zusätzlich arbeiten gehen, damit sie
 überhaupt die finanzielle Grundlage haben, um bei ihren Eltern ausziehen zu können.

 Die bereits bestehenden Fördersysteme, die dem entgegenwirken sollen, werden immer
 weiter runter gekürzt und stehen immer Wenigeren von ihnen zur Verfügung.

 Die Ampelregierung hatte schon in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie
 konsequenter abschieben will. Daran hat sie sich gehalten. Die Ziele zum sozialen
 Wohnungsbau oder der ökologischen Transformation fallen hinten runter. Ersteres wurde
 verschleppt und letzteres auf den Normalverbraucher abgewälzt. Das sind politische
 Entscheidungen. Arbeiter*innen werden gegen Arbeitslose ausgespielt.

 Härtere Sanktionen beim „Bürgergeld“ wurden beschlossen, weitere könnten folgen, das
 ist purer Armenhass.

 Die Militarisierung Deutschlands wird oft als notwendig für Sicherheit und
 Verteidigung dargestellt, dabei verschärft sie globale Spannungen und führt zu einer
 Aufrüstungsspirale. Gleichzeitig werden soziale Probleme wie Armut, der Mangel an
 bezahlbarem Wohnraum oder die Unterfinanzierung des Bildungssystems ignoriert oder
 sogar bewusst kleingeredet. Während die Militärausgaben in die Milliarden gehen, wird
 bei der sozialen Absicherung gespart und wichtige Sozialleistungen werden weiter
 abgebaut. Dies zeigt eine klare Verschiebung der Prioritäten zugunsten von
 Großkonzernen, die von Rüstungsprojekten profitieren, während die breite Bevölkerung
 unter den Konsequenzen der Sparzwanges leidet.

 Als scheinbar progressivere Regierung angetreten hat, die Ampel verheerende
 Veränderungen herbeigeführt. Ohne den Profitzwang infrage zu stellen und das Märchen
 der Erhörung von netten Forderungen im Staat aufzugeben, stärkt die Regierung damit
 indirekt die Rechte. Lohnabhängige sind unzufrieden und das umso mehr, wegen ihrer
 unsozialen Politik. Rechte, die Veränderung predigen und Verheißungen machen, die nie
 kommen werden, sehen sich gestärkt. Rassismus und Antifeminismus treten offener
 zutage: Es ist an Schulen normal geworden, Nazis und Nazifreundeskreise zu kennen und
 Witze über sexuelle Gewalt zu hören. Fast an jedem zweiten Tag begeht jemand in
 Deutschland einen Femizid und tötet damit eine Frau, weil sie eine Frau ist; nicht
 mehr jeden dritten Tag, wie davor. Damit nicht genug: Rechte bringen sich immer
 stärker in Parallelstrukturen in Gewerkschaften ein aber Gewerkschaften erkennen
 endlich, dass Arbeitsrechte in Gefahr sind, wenn Rechte an die Macht kommen.

 Wir nehmen das nicht hin!

 Diese Welt wird sich nicht morgen realisieren lassen. Wir sehen aber an so vielen
 Orten, dass Menschen ihre Realität nicht hinnehmen wollen: Erfolge von Linken
 weltweit lassen Hoffnung aufkommen – Hoffnung, aus der wir Kraft schöpfen müssen für
 die Bundestagswahlen 2025 und die außerparlamentarischen Kämpfe, die wir auch im
 nächsten Jahr aktiv unterstützen müssen und werden. Der Sieg der Sozialisten in
 Finnland zur Europawahl zeigt, dass wir eine Chance haben, das Blatt zu wenden und
 wir uns nicht einschüchtern lassen dürfen von dem bisher konstanten Aufstieg der
 rechten Kräfte. Damit eine Linke sich allerdings nachhaltig verankern kann, ist sie
 vor allem auf beständige Basisarbeit angewiesen. In Kolumbien regiert zum ersten Mal
 ein linker Präsident – nach Generalstreik und sozialen Kämpfen. Auch in unserer
 unmittelbaren Nähe wird wichtige Basisarbeit geleistet: Nicht nur die KPÖ auf lokalem
 Level, sondern auch die Partei der Arbeit Belgiens gewinnen immer mehr Vertrauen
 durch konkrete nützliche Arbeit vor Ort.

 Es braucht jedoch eine vereinte Linkspartei, die klare Antworten und Lösungsansätze
 bietet auf die Missstände in der Gesellschaft. Sicher ist zu sagen, dass ein gutes
 Wahlprogramm allein nicht ausreichen wird, um die Zukunft der Linken hier bei uns zu
 sichern. Einerseits, weil wir uns durch die Wahlrechtsreform nicht mehr auf die
 Parteiurgesteine verlassen dürfen. Vor allem aber braucht es eine strategische Wende
 in der Linkspartei, welche auf Nützlichkeit und gemeinsames Organisieren vor Ort
 setzt.

 Wenn wir es schaffen, mit einer gemeinsamen Strategie vereint in die Gesellschaft
 einzuwirken und nie den Glauben daran verlieren, dass eine bessere Welt möglich ist,
 dann werden wir das Blatt wenden können.

 Politik anders machen

 
Die Partei DIE LINKE hat sich in den vergangenen 17 Jahren – und noch länger, wenn
 man ihre Vorgängerparteien betrachtet – immer stärker dem parlamentarischen Betrieb
 verschrieben. Die riesige Zahl bezahlter Mitarbeitender in den Parlamenten und
 Wahlkreisbüros gegenüber vielen inaktiven ehrenamtlichen Mitgliedern in der Partei
 führt dazu, dass eine kritische Auseinandersetzung mit und Kritik an dem Staat, der
 Hauptfinanzierer dieser Strukturen, erschwert wird. Die Linke wird mittlerweile von
 großen Teilen der Bevölkerung als Teil des Establishments gesehen, obwohl die
 aktuelle Ampelpolitik ihr inhaltlich entgegensteht.

 Auch die ehrenamtliche Arbeit innerhalb der Partei konzentriert sich stark auf
 parlamentarische Aufgaben wie Wahlkämpfe und thematische Vorarbeiten. Die Rolle einer
 sozialistischen Partei sollte sich jedoch nicht nur auf Wahlkampf beschränken.
 Bereits jetzt gibt es viele Orte, in denen die Linke Stadtteilzentren stellt,
 Sozialberatungen anbietet und leichte Einstiege zur Aktivität bietet. Dieser Ansatz
 hat sich leider noch nicht ganzheitlich auf die Partei ausgedehnt.

 Das bedeutet nicht, dass wir das Parlament als Kampffeld aufgeben sollten. Jedoch
 bindet kein Bereich der Arbeit innerhalb der Partei so viele Ressourcen wie die
 parlamentarische Arbeit, obwohl der Kern linker Kämpfe schon immer außerhalb der
 Parlamente gelegen hat. Auch im letzten Jahr konnte dies wieder eindrucksvoll unter
 Beweis gestellt werden. So haben beispielsweise die Streiks im Rahmen der Kampagne
 #wirfahrenzusammen, getragen von ver.di, der EVG und FFF, mit maßgeblicher
 Beteiligung unserer Mitglieder große Erfolge erzielt. Ver.di konnte zusätzlich
 140.000 neue Mitglieder gewinnen und auch einen Tarifabschluss im Einzelhandel nach 1
 1/2 Jahren durchsetzen.

 Insgesamt war das vergangene Jahr geprägt von zahlreichen kämpferischen Tarifrunden
 und den größten Streiks im öffentlichen Dienst seit Jahrzehnten. Wir dürfen diese
 Orte nicht denen überlassen, die uns einreden wollen, dass Arbeiter*innen und Chefs
 dasselbe wollen. Deswegen bennen wir Ausbeutung klar als solche und organisieren uns
 gemeinsam dagegen.

 Auch wenn die Zukunft der Partei DIE LINKE ungewiss ist, dürfen wir nie die Hoffnung
 verlieren, denn die gesellschaftliche Linke wird fort bestehen. Wir müssen zwar im
 Wahlkampf laut gewesen sein aber dürfen auch danach und abseits davon unsere Stimme
 nicht verlieren. Wir müssen krisensicher sein und sollten uns nicht von einem
 möglichen Rauswurf aus dem Parlament entmutigen lassen. Lasst uns daher unsere Kräfte
 bündeln und gestärkt in das kommende Jahr gehen. Es braucht uns Alle, weil es um
 Alles geht!

 Lasst uns als Linksjugend [’solid] gemeinsam Schlagkraft aufbauen!

 Als Linksjugend haben wir uns in dem letzten Jahr auf die Probe gestellt: Wir haben
 schwierige Debatten gemeinsam geführt, Basisgruppen gegründet, Landesverbände neu
 aufgestellt, Praxis vor Ort geplant und durchgeführt. Nachdem auch unser Verband
 unter den Einschränkungen durch Corona stark gelitten hat, kommen wir langsam aber
 sicher aus unserer Flaute heraus. Während der FLINTA-Anteil der Neumitglieder fast
 bei 50% liegt, haben wir in 2022 und 2023 leider auch vermehrt Mitglieder verloren,
 auch weil viele die Altersgrenze erreicht haben. Aus dem Verlust dieser Mitglieder
 sollten wir lernen und als Verband ein Gleichgewicht zwischen Praxis und Diskussion
 darüber finden. Dies setzt einen respektvollen und solidarischen Umgang miteinander
 voraus.

 Für dieses Jahr hatten wir uns auf dem letzten Bundeskongress vorgenommen, den Fokus
 in unserer Praxis auf Arbeitskämpfe zu legen, eine Umfrage zur gewerkschaftlichen
 Aktivierung zu machen und in Öffentlichkeitsarbeit dazu sprechfähiger zu werden.
 Damit unsere Beiträge gut aufgenommen werden, ist wichtig, dass wir uns gegenseitig
 auf Social Media unterstützen. Die Umfrage hat gezeigt, viele unserer Mitglieder sind
 noch nicht in einer Gewerkschaft organisiert oder fühlen sich ratlos, wo sie
 beitreten können. Deshalb brauchen wir auf Basis- und Landesebene Kernaktive, die
 darüber informiert sind und durch Wissensweitergabe die Leute vor Ort ermutigen
 beizutreten. An der Umfrage zu gewerkschaftlicher Aktivierung haben etwa 30%
 hauptsächlich in Lohnarbeit Tätige, 30% Studierende, 30% Schüler:innen und ca. 10%
 Azubis teilgenommen. Wir möchten uns in den Basisgruppen bemühen, gezielt Azubis auf
 Augenhöhe anzusprechen, da das für uns als sozialistischer Jugendverband wichtig ist.

 Wir müssen anerkennen, dass wir sprechfähiger zu konkreten sozialen Anliegen wie z.B.
 Wohnen werden sollten. Das möchten wir in dem nächsten Jahr angehen. Dabei ist uns
 eine verbindende Klassenpolitik wichtig: Wie sich auch in der Verbandsumfrage zeigte,
 ist soziale Gerechtigkeit mit Abstand am relevantesten für die Mehrheit unserer
 Mitglieder. Das gilt für Männer wie für Frauen & Nichtbinäre und genauso für
 Rassifizierte wie für Nicht-Rassifizierte. Eine soziale Wohnpolitik z.B. ist
 insbesondere im Interesse von denen, die besonders stark ausgebeutet werden. Was
 feministische Arbeit angeht, wollen wir uns als feministischer und sozialistischer
 Verband insbesondere auf materielle Anliegen wie (Schutz vor) Gewalt und Verteilung
 von Sorgearbeit stützen. Wir möchten, dass die Linksjugend dafür bekannt wird, sich
 für ein gutes Leben für alle einzusetzen.

 In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal seit langer Zeit bundesweite Aktionen
 durchgeführt. So haben wir zu Wir Fahren Zusammen Streiksupport organisiert. Bei dem
 Aktionstag gegen die Kürzungspolitik haben sich über 40 Basisgruppen mit Ständen,
 Kundgebungen oder Aktionen beteiligt. Wenn wir gemeinsam handlungsfähig werden
 möchten, brauchen wir nicht nur weiterhin fruchtbare Bildungsorte wie die
 Winterakademie, das Grundlagenseminar und Theorie ohne Männer. Wir möchten unsere
 Veranstaltungen stärker mit den Anliegen unserer Kampagnen verbinden, um überregional
 handlungsfähig zu werden. Das ganze darf aber nicht Mittel zum Zweck bleiben, sondern
 es ist wichtig, dass wir dabei Spaß haben und uns gegenseitig unterstützen. Daran
 haben wir uns insbesondere auf dem Sommercamp als Ort der Selbstorganisation
 erinnert.

 Wir wollen uns stark machen für einen Jugendverband, in dem wir uns gegenseitig
 unterstützen und gemeinsam lautstark für den Sozialismus und damit das Gute Leben für
 Alle kämpfen. Denn die geeinte Linke war, die geeinte Linke ist und die geeinte Linke
 wird da sein für die Menschen, die in diesem System machtlos sind.

Spenden

0
    0
    Deine Bestellung
    Du hast kein Material ausgewähltZum Shop