Gute Ausbildung, gute Arbeit, gutes Leben

Beschluss des VII. Bundeskongresses am 28.-30. März 2014 in Frankfurt am Main

Es ist das Jahr 2014, seit nunmehr fast 6 Jahren tobt die Krise in Europa. Zunehmend weniger hört man Schreckensmeldungen von den Auswüchsen dieser Krise. Armut, Hoffnungs- und Ausweglosigkeit verschwinden allmählich aus der medialen Berichterstattung. Die Probleme aber bleiben. Die Jugendarbeitslosigkeit in den Ländern Südeuropas ist mit teilweise über 50 Prozent, weiterhin dramatisch hoch. Doch auch in den östlichen und einigen westlichen europäischen Staaten ist fast ein Viertel aller Jugendlichen arbeitslos. Zudem finden sich Jugendliche immer öfter in prekären Arbeitsverhältnissen wieder. Bereits jetzt spricht man von einer verlorenen Generation.

In Deutschland beträgt die Jugendarbeitslosigkeit derzeit 7,4 %. Doch zu glauben den Jugendlichen in Deutschland gehe es gut ist ein Trugschluss. Ein Faktor für die „geringe“ Arbeitslosigkeit ist sicherlich die duale Ausbildung, die es so nur in Deutschland und Österreich gibt. Doch auch aus der dualen Ausbildung ergeben sich vielfältige Probleme. 

Im Jahr 2013 gab es 824.626 Bewerber*innen auf Ausbildungsplätze in Deutschland, davon offiziell 15.650 Unversorgte. Die Wahrheit sieht anders aus. Von den 824.626 Bewerber*innen haben 273.355 keinen Ausbildungsplatz zugewiesen bekommen. Von diesen 273.355 warten 60.379 auf einen Ausbildungsplatz. Weitere 107.393 wurden in Fortbildungen, Praktika oder Berufsvorbereitungen gesteckt. Der Verbleib der restlichen 89.933 ist unbekannt. Zusätzlich werden nicht alle Bewerber:innen für ausbildungsreif erachtet. Damit wird jede Verantwortung für das gesellschaftliche Problem auf die Betroffenen abgeschoben. Die Kriterien zur Feststellung der Ausbildungsreife sind höchst fragwürdig und kaum objektiv zu erfassen.

Vorrangiges Ziel ist offenbar nicht die Ausbildung der Jugendlichen, sondern eine marktkonforme Selektion der Jugendlichen. Nur die für die Unternehmen besonders profitablen werden ausgebildet. Die Zahl der dadurch vorab abgelehnten Bewerber:innen ist unbekannt. Gleichzeitig blieben 33.275 Ausbildungsstellen offen. Die meisten sind im Gastgewerbe, Hotellerie und Lebensmittelverkauf. Diese sind besonders unbeliebt, da sie oft durch hohe Überstundenanzahl und schlechte Bezahlung auffallen. Viele Jugendliche brechen ihre Ausbildung ab, weil die Bedingungen zu schlecht und die Betriebe nicht ausbildungsreif sind.  Zudem sinkt die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge und die Zahl der Ausbildungsbetriebe seit Jahren. Sie befindet sich derzeit auf einem historischen Tiefstand mit 551.272 neuen Verträgen und sank zum Vorjahr um 3.2 %. Nur noch 21,7 % der Betriebe bilden aus.

Ein großes Problem sind nach wie vor die Ausbildungsbedingungen in den Betrieben. Immer öfter wird Flexibilität und Eigeninitiative von den Azubis gefordert, das spiegelt sich in der Lebensrealität dieser Jugendlichen wider. So geben 29.3 % der Auszubildenden an, öfter ausbildungsfremde Tätigkeiten verrichten zu müssen. Weitere 30.4 % sagen, dass sie nicht richtig bei ihrer Ausbildung betreut werden. Gleichzeitig sagen 36.5 %, das sie regelmäßig Überstunden machen müssen, 19.5% sogar über 40 Stunden in der Woche hinaus. All die Zeit die man für Überstunden, ausbildungfremde Tätigkeiten oder zum Nachholen des Stoffes, den einer*em der Ausbilder*innen nicht beigebracht hat, aufwendet, gehen von der Lernzeit und den Prüfungsvorbereitungen ab. Dadurch steigt der Leistungsdruck auf Azubis und die damit verbundenen Existenzängste.

Die Ausbildungsvergütung ist in ganz Deutschland immer noch sehr unterschiedlich, ob Ost oder West, weiblich oder männlich oder die verschiedensten Branchen. So werden derzeit 72,9 % der  Azubis unter 750 Euro im Monat vergütet. Frauen* werden oft bei der Ausbildungsvergütung benachteiligt so beträgt die durchschnittliche Ausbildungsvergütung bei Frauen* 628 Euro/Monat, zum Vergleich beträgt dieser bei Männern 716 Euro/Monat, branchenspezifisch sind die Unterschiede teilweise sogar größer. Auch ist der Unterschied zwischen Ost und West deutlich sichtbar, während eine durchschnittliche Ausbildungsvergütung im Westen 737 Euro/Monat beträgt, ist sie im Osten 674 Euro/Monat. Auch deswegen wandern viele Jugendliche aus dem Osten ab, um bessere Ausbildungen im Westen zu finden, das führt dazu, dass im Osten die Arbeitsverhältnisse für die Azubis, die bleiben, immer prekärer werden.

Auch die Übernahme nach der Ausbildung spielt eine große Rolle für die Azubis. Im Jahr 2013 wurden lediglich 29.6% im Anschluss an die Ausbildung übernommen, davon waren 36.6% befristete Verträge. Auch dabei werden Frauen* deutlich benachteiligt. Lediglich 22.8% der Frauen* werden übernommen, zum Vergleich liegt die Zahl bei den männlichen Kollegen bei 35.8%. 

Aus diesen Zahlen ergibt sich eine traurige Bilanz. Während die Industrie vom Fachkräftemangel spricht, haben tausende junge Menschen immer noch keinen Ausbildungsplatz, die die einen haben müssen oft Überstunden leisten werden nicht richtig ausgebildet oder müssen ausbildungsfremde Tätigkeiten verrichten, die Bezahlung der meisten Azubis ist schlecht und immer noch sehr unterschiedlich was von ihrem Geschlecht oder ihrem Wohnort abhängt, zudem werden sie eher selten übernommen und wenn dann haben viele nur eine befristete Stelle. Die einzige Antwort der Politik bisher ist eine dubiose Ausbildungsgarantie, die vorsieht, dass Jugendliche aus den Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit in Länder wie Deutschland oder Österreich verlagert werden um hier die „Lücken“ mit billigen Arbeitskräften zu füllen.

Darum fordern wir:

  • Mehr Ausbildungsplätze  und eine stärkere in die Pflichtnahme großer Unternehmen bei diesem Prozess. Notwendig ist eine Umlagefinanzierung der beruflichen Bildung: wer nicht ausbildet muss zahlen.
  • Eine Mindestvergütung von 1200 Euro unabhängig von Geschlecht und Region.
  • Bessere Ausbildungsbedingungen, ohne Überstunden und dem Verrichten ausbildungsfremder Tätigkeiten dafür mit mehr und besseren Ausbilder*innen die sich um die Azubis kümmern.
  • Wir bestehen auf eine Pflicht zur Übernahme der Ausgebildeten an ihren jeweiligen Standorten im erlernten Beruf.
  • Investitionen für mehr und bessere Ausbildungs- und Arbeitsplätze in Europa, insbesondere in strukturschwachen Regionen. Außerdem wollen wir Investitionen in Bereiche des öffentlichen Lebens, wie öffentlichen Nahverkehr, Gesundheit, Bildung, Kultur und Sport.
  • Eine neue Diskussion über den Begriff der Ausbildungsreife
  • Die Stärkung der der Jugend Auszubildenden Vertretungen in den Betrieben
  • Wir streben mehr Zusammenarbeit mit den Gewerschaftsjugenden, in den Fragen zur Ausbildung und den Rechten von jungen Arbeiter*innen, an.

    Diese Forderungen sollen keine leeren Worthülsen bleiben. Daher muss sich der Jugendverbandverband in Zukunft mit dem Thema Jugend und Arbeit stärker auseinandersetzen. Dafür soll der Jugendverband Infomaterial, in Form von Flyern, Aufklebern usw. erstellen, womit sich ein BAK befassen könnte.

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