Beschluss des XVI. Bundeskongresses II. Tagung vom 23.-24. Februar 2024
Die linksjugend [’solid] erkennt an, dass Antisemitismus in unserer Gesellschaft seit
Jahrhunderten verankert ist. Viele unserer Vorfahren tragen Schuld, dass dieser
Antisemitismus im unvergleichlichem Verbrechen am jüdischen Volk, der Shoa, gipfelte.
Mit dem Sieg über den deutschen Faschismus wurde der Antisemitismus keineswegs
überwunden. Antisemitische Verschwörungserzählungen beschränken sich nicht auf
neonazistische Kleingruppen, sondern stoßen in vermeintlich über politischen
Massenbewegungen auf breite Akzeptanz. Im Kontext des eskalierenden Nahostkonfliktes
werden jüdische Menschen immer häufiger angegriffen und für die Politik des
israelischen Staates verurteilt. Doch genau weil der gesellschaftliche Antisemitismus
so anpassungsfähig und perfide ist, können seine Ausprägungen nicht erschöpfend
aufgezählt werden.
Als antifaschistischer Jugendverband verstehen wir es als unsere historische und
politische Verantwortung, den gesellschaftlichen Antisemitismus in allen seinen
Erscheinungsformen anzugreifen. Dieser Verantwortung können wir aber nur dann gerecht
werden, wenn wir fähig sind, einen kontinuierlich veränderlichen und oft verdeckt
auftretenden Antisemitismus als solchen zu erkennen und zu benennen. Voraussetzung
dafür ist eine robuste und akademisch anerkannte Antisemitismusdefinition.
Als linksjugend [’solid] setzen wir unserer Analyse und Kritik von Antisemitismus
deswegen die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus (JDA) zur Grundlage. Die JDA
wurde von Antisemitismusforscher:innen entwickelt, und wird von vielen renommierten
Wissenschaftler:innen unterstützt. Ziel der JDA ist es, eine präzise
Antisemitismusdefiniton zu liefern, und anhand von Beispielen aufzuzeigen, welche
Aussagen und Handlungen, auch im Kontext des Nahostkonfliktes, in jedem Fall
antisemitisch sind, und welche nicht. Die Verfasser:innen und Unterstützer:innen der
JDA vertreten unterschiedliche Positionen zum Nahostkonflikt. Ziel der JDA ist es
nicht, in diesem Konflikt eine bestimmte Position vorwegzunehmen, sondern die
Antisemitismusdefinition gegen Missverständnisse, Unklarheiten und politische
Instrumentalisierung abzusichern.
Als pluralistischer Jugendverband ist es uns wichtig, dass wir Räume schaffen, in dem
junge Menschen miteinander Diskutieren, und ihre eigene Position herausbilden können.
In diesen Räumen müssen inakzeptablen Aussagen klare Grenze gesetzt werden, und diese
Grenzen begründet werden. Auf Grundlage der JDA können wir diesem Anspruch in Bezug
auf Antisemitismus gerecht werden. Innerhalb dieser Grenzen hindert die JDA uns nicht
daran, individuell und als Verband politische Positionen zu beziehen und nach außen
zu vertreten, und unser Ziel ist es weiterhin unsere Positionierung selbstkritisch
und kontinuierlich zu reflektieren, und gemeinsam an aktuelle Entwicklungen angepasst
auszuarbeiten.
Die gesamte Jerusalemer Erklärung auf Deutsch:
https://jerusalemdeclaration.org/wp-content/uploads/2021/03/JDA-deutsch-final.ok_.pdf
Website der Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus auf Englisch, inklusive der
Unterzeichner:innen:
https://jerusalemdeclaration.org/